Mein kleiner Blog-Leuchtturm lässt seinen gemütlichen Lichtkegel ja hier in Deutschlands maritimer Hauptstadt der Händler kreisen. In der Stadt des Reeders Michael Kühne, in der Stadt der Containerkönige von der HHLA. Hansestadt Hamburg, der Name ist mehr denn je Programm, auch wenn der letzte Hansetag bekanntlich 1669 stattfand und mangels Beteiligung damals fast abgesagt wurde.
Aber offiziell aufgelöst wurde sie eben nie, unsere Hanse. Wollen wir mal abwarten, dachten sich die Pfeffersäcke, man könnte doch vielleicht mal wieder, wenn der Wind sich dreht. Er dreht ja immer, der Handelswind, der tückische, und dann heißt es schnell sein und Schnäppchen sichern. Über die Hamburgensie des Handeltreibens und Getriebenwerdens habe ich mich schon anderswo verbreitet, mit gebühender historischer Perspektive.
Und so blieb es wohl an mir hängen, für die neue Ausgabe des Evonik Magazins (Produktion: Bissinger [+]) eine kleine Kulturgeschichte des weltweiten Freihandels zu schreiben. Genauer: des Frei- und Wenigerfreihandels. Denn ein schnurgerader Pfad mitten hinein in die Große Freiheit (!) war das eben über die Jahrhunderte nicht, sondern, wie es die Headline gleich dezent ausplaudert:
Die ganze Story können Sie hier lesen. Dann wissen Sie Bescheid, wie das alles so war seit 7000 vor Christus, und das ist ja vielleicht nützliches Wissen für die nächste Reeder-Party, auf der Sie eingeladen sind.
Neben vielem anderen hat mich bei den Recherchen besonders eines beeindruckt: das mit der Boston Tea Party von, na? – 1773, richtig, setzen. Wir haben doch alle in der Schule gelernt, da protestierten patriotische Amis gegen die olle Queen aus England („No taxation without representation!“).
Dann aber kommt der New Yorker Autor William Bernstein mit neuen Untersuchungen daher – übrigens ein grandioses Buch über den Zusammenhang zwischen Handel und Freiheit. Und siehe da: Die Boston Tea Party kann man auch als das erste Anti-Globalisierungs-Event der Weltgeschichte lesen.
Erster Globalisierungsprotest: die Boston Tea Party von 1773
Denn im Grunde waren es die Tee-Zwischenhändler, die sich gemütlich auf ihren hohen Handelsmargen eingerichtet hatten und nun Krawall machten, weil der neue Direkthandel der East India Company ihre Jobs bedrohte.
Womit wir schließlich bei Fragen wären, die in der Evonik-Handelsgeschichte leider keinen Platz mehr fanden: Wer schöpft eigentlich den Reichtum ab, den freier Handel generiert? Wem genau bringt er mehr Freiheit? Macht unbeschränkter Handel nicht auch eine Menge Menschen unfrei – nur vielleicht nicht hierzulande? Und was folgt daraus, dass die Lenker der Handelsströme inzwischen global aufgestellt, die Regularien des Welthandels aber überwiegend noch an den Grenzen von Nationalstaaten orientiert sind?
Schafft man dann die Nationalstaaten samt ihrer Grenzen einfach ab, um den Handelsherren auch die letzten Barrieren aus dem Weg zu räumen? Oder sorgt das für Verwerfungen, die am Ende selbst die Freiheit der Händler vernichten? Und ist das nicht gerade der Punkt, an dem wir mit der EU sind?
Themen genug für das nächste Dutzend Magazingeschichten.