Frische Firmenchronik: Aircraft Philipp Group

Da bin ich nun über viele Monate hinweg immer wieder tief im Süden der Republik unterwegs gewesen – dort, wo das Leben, das Wetter, das Essen und die Landschaft auf unfaire Weise majestätischer sind als hier auf der flachen, norddeutschen Seite des Globus. Die hatten eben nicht zufällig einen Kini (König) da unten, während bei uns nur Deichgrafen …

Aber ich will nicht jammern. Der Grund für meine langen Bahnreisen nach Oberbayern war ein erfreulicher und faszinierender, nämlich die soeben druckfrisch erschienene Firmengeschichte der Aircraft Philipp: „Rückenwind & Turbulenzen“. Recherchiert und geschrieben habe ich sie einmal mehr in bewährter Kooperation mit den Spezialisten von Pro Heraldica aus Stuttgart.

Die Story der Aircraft Philipp ist auf den ersten Blick die Chronik eines jungen, international expandierenden Unternehmens der Luftfahrt-Zulieferindustrie, das im Jahr 2018 sein zwanzigjähriges Bestehen feiern konnte.

Doch hinter diesem speziellen Familienunternehmen steckt noch mehr: die bemerkenswerte Geschichte einer Unternehmung, die an deutlich älteren Wurzeln in der Fliegerei anknüpfte – und so die (politisch nicht unproblematische) Tradition eines großen Namens erfolgreich mit der Vision eines ambitionierten Newcomers verschmelzen konnte.

In den Hallen Ernst Heinkels

Denn im Jahr 1954 hatte niemand Geringeres als der Flugpionier Ernst Heinkel den heutigen Karlsruher Standort der Aircraft Philipp gegründet, dort aber zunächst vor allem seine berühmten „Tourist“-Motorroller gebaut. Heinkels Karlsruher Werk hatte 1984 durch einen Konkurs schon vor dem Aus gestanden und war dann in kurzer Folge durch mehrere Hände gegangen.

Anfang 2006 schließlich konnte es der oberbayerische Flugzeug-Zulieferer Rolf Philipp übernehmen. Für seine Verhältnisse war auch Philipp ein Pionier der Luftfahrt: Schon vor der Jahrtausendwende hatte er, erst 29 Jahre alt, in einem umgebauten Schweinestall zusammen mit ein paar Gleichgesinnten seinen eigenen Motorsegler konstruiert – und immerhin acht Stück davon gebaut.

Nach dem Zukauf besaß Philipp damit zwei Werke: ein ganz neu errichtetes am Chiemsee und einen Traditionsbetrieb in Karlsruhe. Aus den beiden ungleichen Unternehmensteilen musste er jetzt nur noch ein funktionierendes Ganzes formen.

Und das Konzept ging auf. Auf ihrer ungewöhnlichen historischen Grundlage hat die Aircraft Philipp inzwischen selbst begonnen, die Geschichte der Luftfahrtindustrie mitzuschreiben. Flugzeugteile aus Oberbayern oder Karlsruhe fliegen in zahllosen Luftfahrzeugen von Airbus bis Boeing mit. Damit es dazu kommen konnte, mussten sämtliche wirtschaftliche Wetterlagen gemeistert werden: von „Rückenwind“ bis „Turbulenzen“.

Mein neues Buch erzählt von diesem abenteuerlichen Aufstieg der Aircraft Philipp – und ihren nicht minder faszinierenden Wurzeln.

Übrigens: Schrieb ich oben, wir im Norden würden keinem Monarchen zu Füßen liegen? Nun, zumindest ein königliches Denkmal haben wir jemandem errichtet.

Es steht ausgerechnet in der Empfangshalle von Airbus in Hamburg, die passend dazu den Glanz einer untergegangenen Ära ausstrahlt. Die besondere Atmosphäre liegt daran, dass an diesem traditionsreichen Ort am Finkenwerder Elbufer schon vor dem Zweiten Weltkrieg die Zentrale des Hamburger Flugzeugbaus stand. Und eben dort hat heute ER seinen Platz:

Ganz richtig: Die Statue ist das Bildnis von Franz Josef Strauß, dem letzten Alpenkönig. Der CSU-Monarch, Ex-Verteidigungsminister (Starfighter-Skandal!) und bayerische Landesfürst gründete fast im Alleingang Airbus und machte von München aus bis zu seinem Tod 1988 europäische Flugzeug-Industriepolitik. Ihm verdankt damit nicht nur die Aircraft Philipp als bedeutender Airbus-Zulieferer einiges, sondern ebenso die ewig sozialdemokratische Hansestadt Hamburg.

Bleibende Verdienste. Schon interessant, wem die Deutschen am Ende die Denkmäler errichten.

3 Kommentare zu „Frische Firmenchronik: Aircraft Philipp Group

  1. Danke für die Einsicht in die Geschichte. Nun, Ernst Heinkel verdient kein Denkmal. Auch wenn er neben dem Tourist einen wunderschönen Kabinenroller gebaut hat. Das KZ aus dem er seine Arbeitskräfte für den Bomberbau rekrutiert hat kann ich mir hier im Norden von Berlin noch anschauen. Bei Franz Josef bin ich froh, dass er Geschichte ist. Als Schüler trug ich einen „Stopt Strauß-Button“ am Parka und er bezeichnete uns als „Schmeißfliegen“.

    1. Ja, Heinkels NS-Verstrickung wird deswegen im Buch auch ausführlich thematisiert. Es ist halt wie mit so vielem in der deutschen Geschichte: Genie und Wahnsinn liegen oft dicht beieinander und sind in ihren Auswirkungen kaum voneinander zu trennen. Die Versuchung, sich mit den Mächtigen aufs Vorteilhafteste zu arrangieren und dabei über Leichen zu gehen, ist in der Wirtschaft und insbesondere in der Großindustrie bis heute eine Konstante – wobei die politische Macht heute zunehmend auf Seiten der globalisierten Unternehmen selbst liegt.
      Das technische Genie und die Leidenschaft für die Fliegerei (sowie für sehr schöne Motorroller) kann man Heinkel allerdings ebensowenig absprechen. Er hat als Ingenieur historische Meilensteine gesetzt – nicht nur als Konstrukteur des ersten Flugzeugs mit Strahltriebwerk.
      Was Franz Josef angeht: Meine Reflexe waren in den 80ern und auch noch danach dieselben wie bei dir. Heute sehe ich ihn differenzierter. Es gab den Skandal-Strauß und den „Schmeißfliegen“-Strauß ebenso wie den weitsichtigen Staatsmann und Industriepolitiker Strauß. Politiker mit seiner Mischung aus Intuition, strategischem Scharfsinn und Tatkraft fehlen heute.

  2. Ach ja, der Lapalulli kann sich halt gut verkaufen…!

    Der „Ponier der Luftfahrt“ hat sich die Zeichnungen und Vorrichtungen vom Samburo gekauft und nur verändert.

    Verbraten hat er dabei Spielgeld. Jeder andere wäre bei dem Projekt schon pleite gewesen, aber seinen Eltern gehörte nun mal „BAVARIA Waldfrucht“.

    Und mit vollen Hosen ist immer gut stinken!!!

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