Ich freue mich jedesmal wie ein Schneekönig, wenn ich keine Nullachtfünfzehn-Ware abliefern muss. Nach all den Mühen der Ebene, die der publizistische Schreib- und Abstimmungsprozess so mit sich bringt, nach all diesem siebenfachen Sieben von Wörtern durch Kunden, Bearbeiter und Bedenkenträger, bleibt manchmal am Ende etwas im Sieb hängen, das anders ist als genormte Wortbausteine (Worthülsen sollten ja ohnehin durchs Sieb fallen, tun sie aber eben oft nicht). Der Titel meiner neuen Unternehmenschronik ist in meinen Augen so ein Glücksfall:
Die offizielle Geschichte der Textilmaschinenfabrik Harry Lucas aus Neumünster zu deren 75-jährigem Bestehen habe ich einmal mehr mit den Experten von Pro Heraldica zusammen produziert. Das Besondere an der Firma Harry Lucas ist zum einen, dass auf seinen Maschinen heute längst nicht mehr wie in der Nachkriegszeit Ringelsocken „rundgestrickt“ werden, sondern z.B. künstliche Herzklappen und Arterien, Schutzmaterial für Leichtpanzerungen am Fahrzeug und in kugelsicheren Westen, Schwingungsdämpfer für Rakentriebwerke und Kühlerschläuche für Pkw-Motoren.
Ungewöhnlich ist aber eben auch, dass alle drei bisherigen Eigentümer und Firmenchefs dieses lupenreinen Familienunternehmens völlig identisch „Harry Lucas“ hießen – und der vierte Harry Lucas, der Urenkel des Gründers, bereits im Management aktiv ist. Die Begründung lautet mit norddeutsch trockenem Humor: Da muss das Briefpapier nicht bei jeder neuen Generation neu gedruckt werden.
Und irgendwann, als mal Druck im Kessel war und in Neumünster alle hinter irgendeiner Deadline herjagten, prägte einer mitten in der Hektik zur Beruhigung der Nerven den Spruch: „Don’t worry, be Harry!“ Dieser Satz durfte dann jetzt zur Titelzeile werden.
An den Spruch haben sich die Lucas-Leute gehalten, und mit dieser Coolness sind sie dann einer dieser typischen unbekannten Weltmarktführer des deutschen Mittelstands geworden: bei Maschinen für rundgestrickte Kühlerschläuche. Ähnliches können jetzt auch nicht sooo viele andere Industrieunternehmen mit rund 100 Mitarbeitern von sich behaupten.
Sie sehen also: In der Ruhe liegt die Kraft. Besonders im hohen Norden. Noch ein paar optische Eindrücke von diesem wilden Ritt durch 75 Jahre im Layout? Bitte schön: