Männer, die in Schränke starren

Wenn Sie sehr viel Geld hätten, also richtig viel, also unanständig viel: Würden Sie es verstecken oder vorzeigen?

Viele Superreiche, stellt sich heraus, wollen ihre Schätze zeigen. Mindestens sich selbst (siehe unten). Natürlich sollen die Armbanduhren für 250.000 Euro oder die Perlengehänge trotzdem sicher sein. Aber einfach wegschließen? Nein.

Nun gibt es in Schwaben – wo sonst – eine Manufaktur für Geldschränke, die vermutlich die vorzeigbarsten Hochsicherheitstresore der Welt baut: Döttling. Bald hundert Jahre alt, stellt das Sindelfinger Unternehmen in Handarbeit Panzerschränke her, die man wohl als Gesamtkunswerke bezeichnen muss. Ich war da, ich hab’s mir angesehen – und eine Reportage daraus gemacht: für VALUA, das Magazin der DZ Privatbank. Mal wieder mit dem großartigen Ian Ehm als Fotograf.

Natürlich hat man es bei der ganz speziellen Kundschaft von Döttling auch mit ganz speziellen Spleens zu tun.

Da war etwa jener US-Filmproduzent, der einen Döttling für seine Hundert-Meter-Yacht bestellte. Um genau zu ermessen, wie reich dieser Mann ist, muss man sich vorstellen, dass er die Tonbandansage für den Fahrstuhl auf seiner Yacht von Tom Cruise hatte aufsprechen lassen. So reich ist dieser Mann.

Oder die New Yorkerin, die einen Döttling für ihre sechs Paar Lieblingsschuhe brauchte. Der Safe kostete dann etwa 130.000 Euro und wurde außen mit rosa Rochenleder bezogen.

Oder jener Multimillionär aus Orlando/Florida, der seinen Döttling lieber mit Swarovski-Kristallen dekorieren ließ – in Form eines Totenschädels.

Oder, last but not least, die Spezialanfertigung eines Stücks „Safiture“ (ein Safe in Form eines unverdächtigen Möbelstücks, also Furniture) für das kanadische Wochenendhaus eines Geschäftsmanns von den Cayman-Inseln: ein Couchtisch, an dem zunächst nur die Planken einer 3000 Jahre alten deutschen Mooreiche auffallen. Erst eine genau einzuhaltende Folge von Handgriffen öffnet eine Reihe gut getarnter Geheimfächer.

Und dann gibt es noch Karl Lagerfeld. Der ließ sich von Döttling einen Safe bauen, den er der Einfachheit halber gleich selbst designte: einen voll verspiegelten Kasten mit dem wunderbaren Namen „Narcissus“ (auch von KL kreiert). Die Werbefotos für diesen Safe machte übrigens ein gewisser Karl Lagerfeld. Und auch die Anzahl von Exemplaren dieses neuen Typs Geldschrank, die Döttling außer seinem eigenen noch verkaufen darf, legte KL persönlich fest. Sagte ich schon, dass der Prominente Karl Lagerfeld heißt?

Was aber ist das Geheimnis der Männer und sehr wenigen Frauen, die in (geöffnete) Geldschränke starren? Es ist gar nicht mal Angeberei, vor wem denn auch, in der Einsamkeit ihrer 50-Zimmer-Häuser. Nein, es ist eine sehr nach innen gewandte Freude daran, etwas Einzigartiges zu besitzen. Fast schon wieder rührend.

Und überhaupt keine Angst, die kostbaren Geschmeide könnten aus dem offenen Safe geklaut werden? Ach was! Ein mexikanischer Kunde der Firma Döttling, dessen Villa von einer kleinen Privatarmee bewacht wird, brachte es auf die großzügige Formel: „Wer es lebend bis an meinen Tresor schafft, darf alles mitnehmen, was drin ist.“

Wenn das keine zeitgemäße Weihnachtsbotschaft ist. Allen Zeilensturm-Lesern ein frohes Fest der Liebe!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert