Mit Laptop und Trachtenhose

Der Landkreis Harburg hat einiges zu bieten: Handwerkstradition, Baukultur – und jetzt auch ein dazu passendes Regionalmagazin. Für die „Generation Z“ vielleicht schockierend: Es ist aus Papier.
„Tiny Houses“ und Tradition: Die Zimmerei Balck tickt etwas anders (ganzer Bericht: hier)

Wenn man heutzutage als Landkreis – mit Betonung auf „Land“ – von sich reden machen will, sodass Touristen, Investoren und Zuzugswillige Schlange stehen, was tut man dann? Man bringt ein neues Magazin aus Papier an den Start. Jawohl, aus (Umwelt-)Papier. Natürlich, was denn sonst? Kein Material bringt schließlich mehr „Haptik“, mehr Bodenständigkeit und Verwurzelung mit als das gute, alte holzbasierte Druckmaterial.

Mit anderen Worten: Nichts passt besser zum Landkreis Harburg, der am nördlichsten Rand Niedersachsens unmittelbar an die Elbe und an Hamburg angrenzt. Die erste Ausgabe der Jahres-bände „Hier bei uns – Geschichten aus dem Landkreis Harburg“ ist nun erschienen (Gestaltung: Rike Sattler). Das Oberthema diesmal: „Bauen und Wohnen“. Im Team mit Christiane Rose und Fotograf Uwe C. Beyer hatte ich das Vergnügen, drei Reportagen beisteuern zu dürfen.

Vergnügen deshalb, weil die Objekte der Berichterstattung sehr „handgreiflich“ waren, um nicht zu sagen: handwerklich. Handwerksberufe erheben sie im Landkreis Harburg nämlich zur Kunstform. Zum Beispiel bei der Zimmerei Balck (siehe oben), wo sie sogenanntes Mondholz verarbeiten. Und das nicht, weil sie dort irgendein esoterisches Hexenwerk betreiben, sondern weil Mondholz viel mit Naturbewusstsein, Nachhaltigkeit und alter Handwerkstradition zu tun hat. Was nicht heißen soll, dass man bei Balck von gestern wäre: Hier werden mit computergesteuerten Konstruktionsmethoden auch „Tiny Houses“ und andere moderne Wohnträume realisiert. In Bayern haben sie für diese kreative Mischung aus Vergangenheit und Zukunft das Motto „Mit Laptop und Lederhose“ erfunden. Das hier ist die küstennahe Version.

Vor dem Verfall gerettet: Karoxbosteler Wassermühle (ganzer Bericht: hier)

Auch eine Kunst, die sehr viel mit Handwerk zu tun hat, ist zeitgemäßer Denkmalschutz. Im Landkreis Harburg hat man erkannt, dass Denkmalschützer keineswegs die natürlichen Feinde von Investoren sind und nur deren Handlungsfreiheit im Wege stehen – im Gegenteil: Hier versucht die zuständige Behörde, den Nutzungswünschen von Käufern historischer Bausubstanz weitestmöglich entgegenzukommen. Dass das gelingt, zeigen zwei Beispiele. Zum einen die Karoxbosteler Wassermühle (Bild oben), deren Anfänge im 15. Jahrhundert lagen. Nachdem sie dem letzten Müller wortwörtlich über dem Kopf zusammenzustürzen drohte, machte ein eigens gegründeter Verein zusammen mit den Konservatoren vom Amt ein höchst lebendiges Kulturdenkmal daraus.

Und zum anderen das „Timmann“ in Stelle (Bild unten). Der prächtige alte Gasthof mit Veranstaltungssaal aus dem 19. Jahrhundert, der seinen alten Zweck verloren hatte, wurde von einem Kreis befreundeter Investoren gekauft und aus dem Dornröschenschlaf geweckt. Wiederum lieferte der Denkmalschutz wichtige Impulse, um eine ganz besondere Melange aus bauhandwerklicher Tradition und neuem Wohnkomfort für Gäste entstehen zu lassen. Unser schlichtes Fazit: Miteinander ist halt besser als gegeneinander. Die Geschichte selbst ist allerdings schon etwas vielschichtiger.

Das neue „Timmann“ in Stelle: Patina und moderner Wohnkomfort (ganzer Bericht: hier)

Die frisch gedruckten Geschichten aus dem Landkreis Harburg sind im örtlichen Buchhandel und zum Beispiel bei Amazon erhältlich.